Der Flüchtling

Lieber himmlischer Vater, Gott. Ich kam in dieses Land der offenen Herzen und sitze jetzt hier nach langer, gefährlicher Flucht auf hartem Boden, den Rucksack, mit restlich verbliebener Habseligkeit, neben mir. Land, Menschen, Sprache sind mir fremd, weiß nicht, wohin ich gehen, was ich tun soll. Niemand ist da, der auf mich wartet, der mich begrüßt, empfängt, ich bin mutterseelenallein. „Mein Gott, mein Gott, warum hast DU mich verlassen?“ schreit es um Hilfe in mir und meine Tränen fließen. „Warum, mein Gott, der Krieg, die Zerstörung und jetzt die Flucht? Ein Zurück gibt es nicht, unser Haus ist zerbombt, mein Mann erschossen, unsere beiden Eltern tot, unser Kind, den Säugling versuchte ich zu retten. Er starb. Es ist meine Schuld, meine Milch versiegte. „Herr, mein Gott, ich flehe zu DIR, erbarme DICH.“ Da fühle ich eine warme Hand an meiner Schulter und eine Stimme spricht. Die Worte verstehe ich nicht und doch verstehe ich, was sie mir sagen: „Herzlich Willkommen! Darf ich Ihnen helfen?“ „Bist DU es, mein Gott, der zu mir gekommen ist, mich nicht allein lässt?“ Ich stehe auf, umarme die Unbekannte und schaue in ihr, mir zugewandtes lächelndes Gesicht und lächle auch ich ihr zu. Danke, lieber Gott, dass Du mir als dieser Mensch erschienen bist. der mich WILLKOMMEN heißt in diesem fremden Land, welches meine neue Heimat nun sein wird. Dank sei DIR, o, Herr. AMEN.

Margrit Seelig de Boll

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